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Aktualisiert am 07.03.2023 von

Bundesverfassungsgericht zu Rohmessdaten bei Blitzern

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfen geblitzte Autofahrer Einsicht in die Rohmessdaten verlangen. Ob eine Messung ohne Rohmessdaten ungültig ist, bleibt abzuwarten.

Ein Autofahrer hatte bereits 2017 geklagt und Einsicht in die Rohmessdaten des Blitzers verlangt. Was war vorgefallen? Angeblich wurde der Kläger mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h außerorts geblitzt.

Im Bußgeldbescheid wurde eine Geldbuße von 160 € angeordnet und ein Monat Fahrverbot verhängt. Daraufhin legte der Betroffene Einspruch und bekam letztendlich vor dem Bundesverfassungsgericht recht. Die Bußgeldstelle muss die Messdaten zur Verfügung stellen.

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Klage zunächst erfolglos

Die zuständige Bußgeldstelle gewährte zunächst Einsicht in folgende Daten:

  • Messprotokoll
  • Messergebnis
  • Eichschein
  • Bedienungsanleitung des Messgeräts

Die Einsicht in zugrundeliegende Rohmessdaten wurde aber verweigert. Das Amtsgericht Hersbruck lehnte die Klage zunächst mit der Begründung ab, dass es sich bei der Geschwindigkeitsmessung um ein standardisiertes Verfahren handelt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg lehnte eine eingelegte Rechtsbeschwerde ab.

Geblitzt worden?
Laut Studie sind 56% der Bescheide fehlerhaft.

Richter aus Karlsruhe: Konkrete Anhaltspunkte

Das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Urteilsbegründung von Dezember 2020 darauf ein, dass Betroffene grundsätzlich auch Informationen außerhalb Ihrer Akte überprüfen dürfen.

Zwar müssen Bußgeldverfahren wegen massenhafter Verkehrsverstöße vereinfacht und standardisiert sein. Liegen jedoch konkrete Hinweise für ein fehlerhaftes Messergebnis vor, müssen die Gerichte ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen entscheiden ob ein Verstoß vorliegt. (Az.: 2 BvR 1616/18)

Nicht alle Blitzer speichern Rohmessdaten

Ein konkreter Hinweis für eine Überprüfung ist bei einigen Blitzern leicht zu finden. Einige Blitzer wie beispielsweise der Traffistar S350 speicherten bisher keine Rohmessdaten. Der saarländische Verfassungsgerichtshof urteilte im Jahr 2019, dass solche Blitzer im Saarland nicht mehr eingesetzt werden dürfen.

Poliscan-Blitzer: Keine Rohmessdatenspeicherung erforderlich?

Die Gerichte sind sich noch uneins, wie ein Beschluss aus Rheinland-Pfalz zeigt. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz entschied am 22.07.2022, dass ein Geschwindigkeitsmessung auch ohne Speicherung der Rohmessdaten gültig ist, da die Daten weder der Bußgeldstelle noch dem Betroffenen zur Verfügung gestellt werden können. Im konkreten Fall handelte es sich um das verbreitete Lasermessgerät Poliscan M1.

Durch die Nichtspeicherung von Rohmessdaten sehen die Richter ein faires Verfahren weiterhin als möglich an. Bereits bei der Zulassung sei der Blitzer ordentlich geeicht und eingestellt. Da es sich um ein standardisiertes Messverfahren handelt würden, Ungenauigkeiten durch einen Toleranzwert mit einberechnet.

Neue Zweifel: Gutachten findet Messabweichung von 11 km/h

In einem am 16.01.2023 veröffentlichten Urteil vom Verfassungsgerichtshofes für Baden-Württemberg sehen, gaben die Richter einer Beschwerde statt, dass die Bußgeldstellen Rohmessdaten und weitere Falldaten herausgeben müssen, wenn diese vorliegen.

Auch in diesem Fall handelte es sich um Messgerät vom Typ Poliscan Speed. Ein Gutachten fand sogar eine Messabweichung von 11 km/h und viele Messungen außerhalb des Auswerterahmens. Weitere Informationen finden Sie im Beitrag: VerfGH Baden-Württemberg: Blitzer-Daten müssen überprüfbar sein.

Weiteres Urteil vom Bundesverfassungsgericht erwartet

Die unterschiedlichen Urteile zeigen, dass es bisher noch eine gewissen Uneinheitlichkeit in der Rechtssprechung gibt. Die Entscheidung des BVerfG im Verfahren 2 BvR 1167/20 wird mit Spannung erwartet. Das Verfahren wird weitere Klarheit bezüglich der Speicherung von Rohmessdaten schaffen.

Bußgeldbescheid erhalten?
Laut Studie sind 56% der Bescheide fehlerhaft.

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