Handy am Steuer: Diese Bußgelder drohen 2023
Jetzt informieren, welche Bußgelder, Punkte & Fahrverbote bei Handy am Steuer drohen. Lässt sich die Strafe durch einen Einspruch vermeiden?
Die Verkehrsordnungswidrigkeit Handy am Steuer wird laut aktuellem Bußgeldkatalog mit einem Bußgeld, Punkten in Flensburg oder sogar mit einem Fahrverbot bestraft. Doch nicht immer ist der Vorwurf gerechtfertigt.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Wer während der Fahrt ein Mobiltelefon oder ein anderes elektronisches Gerät benutzt und dabei in der Hand hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
- Ein Handyverstoß wird mit einem Bußgeld in Höhe von 100 € sowie einem Punkt in Flensburg bestraft.
- Wird durch die Ablenkung ein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet oder ein Unfall verursacht, droht ein Fahrverbot.
- Es gibt Ausnahmen: ein kurzes in der Hand halten eines Mobiltelefons sowie eine kurze Blickzuwendung zum Screen können erlaubt sein
- Die Beweislage ist oft unklar: Blitzerfotos oder Beobachtungen können fehlerhaft sein.
- Eine Strafe kann durch einen Einspruch in bestimmten Fällen vermieden werden.
In unserem Beitrag erfahren Sie, wie die Regeln laut Straßenverkehrsordnung (StVO) für die Nutzung von elektronischen Geräten, wie Handys, Smartphones oder Touchscreens am Steuer aussehen. Außerdem geben wir einen Einblick in aktuelle Urteile und geben Ihnen die Möglichkeit einen Einspruch zu prüfen.
Inhalt
Studie TU Braunschweig: Handy am Steuer größe Ablenkung
Eine Studie der Technischen Universität Braunschweig zeigt: gerade bei einer monotonen Strecke wie auf einer Autobahn scheint die Versuchung groß zu sein sich vom Smartphone ablenken zu lassen. Die Wissenschaftlicher beobachteten rund 2.000 Autofahrer auf der A2 und gewannen dabei interessante Erkenntnisse aus der Praxis.
10% der Autofahrer hatten ein Smartphone in der Hand
Fast 14,6 Prozent der beobachteten Personen waren während der Fahrt mit anderen Dingen beschäftigt. Rund 200 Autofahrer, das sind immerhin 10 Prozent, hatten das Smartphone in der Hand. Mit 5,8 Prozent lag das Tippen auf dem Handy während der Fahrt als Einzelbeschäftigung vorne.
Neue Videoüberwachung soll Handysünder überführen
Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Handysünder im Auto zu überführen, testen die Behörden eine neue Videoüberwachungstechnologie.
Mit der Monocam, die in Rheinland-Pfalz aktuell testweise im Einsatz ist, sollen Handyverstöße per Videoüberwachung in Zukunft flächendeckend kontrolliert werden. Unklar ist jedoch noch, ob die neue Technologie mit dem Datenschutz konform ist.
Laut aktuellem Urteil vom 02.03.2023 bleiben die „Handyblitzer-Bußgeldbescheide“ vorerst gültig. Die Kläger und Ihr Anwalt planen bereits eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Koblenz.
Handy am Steuer: Aktuelle Strafen 2023
Die Strafen für den Handyverstoß richten nach dem aktuellen Bußgeldkatalog 2023. Wer das Handy am Steuer benutzt, muss ein Bußgeld von 100 Euro zahlen und erhält einen Punkt in Flensburg.
Werden durch die Handynutzung am Steuer andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder kommt es zu einer Sachbeschädigung, erhöht sich das Bußgeld auf 150 bzw. 200 Euro. Außerdem wird ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. In das Fahreignungsregister in Flensburg werden zwei Punkte eingetragen.
Handyverstoß | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot | Einspruch möglich? |
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Handy beim Autofahren genutzt | 100 € | 1 | – | Jetzt prüfen |
Einspruch sinnvoll?
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| ||||
… mit Gefährdung | 150 € | 2 | 1 Monat | Jetzt prüfen |
Einspruch sinnvoll?
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| ||||
… mit Sachbeschädigung | 200 € | 2 | 1 Monat | Jetzt prüfen |
Einspruch sinnvoll?
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| ||||
Beim Fahrradfahren das Handy genutzt | 55 € | – | – | Jetzt prüfen |
Einspruch sinnvoll?
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Handy am Steuer in der Probezeit: A-Verstoß
Junge Autofahrer und frische Führerscheinbesitzer sollten während der Probezeit besonders aufpassen. Wer ein Smartphone oder ein anderes elektronisches Gerät am Steuer benutzt, muss neben der normalen Strafe noch mit weiteren Folgen rechnen.
Laut Bußgeldkatalog ist der Handyverstoß ein A-Verstoß. Das bedeutet eine Verlängerung der Probezeit von 2 auf 4 Jahre. Außerdem wird die Teilnahme an einem kostenpflichtigen Aufbauseminar Pflicht. War dies nicht der erste Verstoß in der Probezeit, können die Sanktionen sogar noch schärfer sein.
Handy am Steuer laut StVO
Der Handyverstoß zählt mit über 400.000 Vergehen pro Jahr zu einem der häufigsten Ordnungswidrigkeiten im deutschen Straßenverkehr – Tendenz steigend. Dabei kommt es auch zu falschen Vorwürfen – denn die Rechtslage ist in manchen Fällen uneindeutig. Wir haben uns die aktuellen Regeln aus der StVO genauer angesehen.
StVO § 23: Die Nutzung elektronischer Geräte während der Fahrt
Vielen Autofahrern ist gar nicht bewusst, dass sie gegen die StVO verstoßen können, wenn sie das Handy am Steuer benutzen. Doch spätestens wer einmal erwischt wird, stellt sich die Frage was überhaupt erlaubt ist und was nicht.
Die Straßenverkehrsordnung regelt in § 23 „Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden“. Grundsätzlich ist das Bedienen eines elektronischen Geräts für den Fahrer nach § 23 Abs. 1a StVO verboten – vorausgesetzt das Gerät wird dafür weder aufgenommen oder gehalten.
Welche elektronischen Geräte fallen unter das Verbot?
Neben Handys und Smartphones dürfen viele andere elektronische Geräte vom Fahrzeugführer während des Fahrens nicht verwendet werden.
Grundsätzlich gilt die Vorschrift der StVO für alle elektronischen Geräte, die der Information, Kommunikation und Organisation dienen, z.B. Computer, Diktier- und Navigationsgeräte, E-Book-Reader, Laptops, iPods, MP3-Player, Notepads, TV-Geräte und Videobrillen (Virtual-Reality-Brille oder Google-Glass-Brille).
Die Ausnahmen: Wann das Handy im Auto erlaubt ist
Nach der StVO es nur in bestimmten Fällen erlaubt ein Handy im Auto in die Hand zu nehmen oder zu benutzen. Eine Übersicht:
Motor ist abgeschaltet
Ist der Motor einmal abgeschaltet, können Autofahrer sorgenfrei Telefonieren oder im Internet surfen. Vorsicht aber bei einer Start-Stopp-Automatik: wenn der Motor bei Stillstand automatisch abschaltet dürfen Autofahrer das Handy nicht benutzen.
Telefonieren mit Headset oder Freisprechanlage ist erlaubt
Autofahrer, die mit einem Headset, Kopfhörern oder der Freisprechanlage während der Fahrt telefonieren, müssen kein Bußgeld befürchten. Die Nutzung von technischen Hilfsmitteln ist erlaubt. Das schließt auch den Gebrauch des Smartphones als Navigationsgerät mit ein, vorausgesetzt der Fahrer nimmt das Smartphone dafür nicht in die Hand.
Weitere Ausnahmeregelungen
Der §23 Abs. 1a StVO definiert noch genauer, wann ein Mobiltelefon im Auto genutzt werden darf:
- hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird
- und entweder
(a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
(b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.
Darüber hinaus gibt es noch Ausnahmen für elektronische Hilfsmittel, die den Spiegel ersetzen oder die bei der Rückfahrtsfahrt im Schritttempo das Einparken erleichtern.
Beispiele Handy am Steuer: Was ist erlaubt, was nicht?
In den letzten Jahren wurde viel darum gestritten, wann die Merkmale für einen Handyverstoß erfüllt sind und wann nicht. Schließlich lässt der Gesetzestext doch einige Ausnahmen und Interpretationsspielraum zu. Wir haben uns Praxisbeispiele angesehen:
1. Während der Fahrt eine SMS oder WhatsApp lesen
Das ist nicht erlaubt. Die Ausnahmeregelung einer „kurzen“ Blickzuwendung trifft hier nicht zu. Um eine SMS oder WhatsApp zu lesen, muss der Blick länger auf das Smartphone- oder Handydisplay gerichtet sein und das ist verboten. Auch die Nutzung von Live- und Videostreams sind als Fahrer nicht erlaubt.
2. Smartphone aufheben und beiseite legen?
Das Smartphone ist gerade in den Fußraum gefallen oder in die Mittelkonsole gerutscht. Dürfen Autofahrer ein elektronisches Gerät aufheben und es auf dem Beifahrersitz legen oder einem Mitfahrer reichen?
Mehrere Oberlandesgerichte (OLG) in verschiedenen Urteilen klargestellt, dass das bloße Halten des Geräts nicht verboten ist, wenn es gleichzeitig nicht benutzt wurde. (OLG Hamm, Az. 4 RBs 30/19; OLG Oldenburg, Az. 2 Ss (OWi) 102/19; OLG Celle, Az. 3 Ss (OWi) 8/19).
Folgt man der Argumentation der Gerichte ist das also zumindest nicht verboten. Wenn Autofahrer in diesem Moment geblitzt oder von der Polizei beobachtet werden, kann es aber trotzdem passieren, dass der Vorwurf erhoben wird. Dann stehen die Chancen aber gut die Strafen mit einem Einspruch abzuwenden.
3. Handy zum Laden in die Ladeschale legen?
Das ist erlaubt. Ein Gericht in Rheinland-Pfalz sprach einen Betroffenen vom Vorwurf „Handy am Steuer“ frei. Polizeibeamten hatten beobachtet, wie der Autofahrer ein Handy in der Hand hielt und es bewegte. Nach der Beweisaufnahme konnten die Richter aber keine regelwidrige Benutzung erkennen und urteilten in Ihrem Leitsatz:
„Das Aufnehmen eines im Fahrzeug liegenden Mobiltelefons durch den Fahrer während der Fahrt, um es an einem anderen Ort im Fahrzeug in eine Ladeschale zu stecken, stellt kein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO dar.“ (AG Landstuhl, 2 OWi 4286 Js 12961/16)
4. Smartwatch benutzen während der Fahrt erlaubt?
Es kommt darauf an. Nach Auffassung von Juristen kann es zulässig sein eine Smartwatch während der Fahrt zu bedienen. Voraussetung ist, das Device wird am Handgelenk getragen und nicht in der Hand gehalten.
Wer seine Smartwatch während der Fahrt benutzt, darf dies nur via Sprachsteuerung oder Vorlesefunktion tun. Eine kurze Blickzuwendung ist ebenfalls erlaubt.
Aktuelle Urteile
Es gibt bereits zahlreiche Urteile, die sich mit der Rechtsauslegung der StVO für den Handyverstoß befassen. In welchen Fällen die Kläger den Bußgeldbescheid erfolgreich abwenden konnten, lesen Sie in unserem Artikel über aktuelle Urteile zum Handyverstoß.
Mit Handy am Steuer geblitzt?
Wer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung geblitzt wurde und gleichzeitig ein Handy in der Hand hält, dem droht nur in bestimmten Fällen ein höheres Bußgeld. Entscheidend ist, für welche Ordnungswidrigkeit ein höheres Bußgeld, Punkten oder sogar ein Fahrverbot gilt.
Die beiden Verstöße werden nicht separat, sondern als Tateinheit bewertet, da sie zur gleichen Zeit begangen wurden. Der Bußgeldkatalog sieht für zu schnelles Fahren und einen Handyverstoß also grundsätzlich keine Doppelstrafung vor.
Bei Ordnungswidrigkeiten, die zur gleichen Zeit begangen werden, kann der Gesetzgeber eine Nebenstrafe erwirken. Das liegt aber im Ermessen des Gerichts und hängt vom Einzelfall ab.
16 km/h zu schnell und in Handy in der Hand
Erst Beispiel: Ein Autofahrer ist innerorts 16 km/h zu schnell gefahren und mit dem Handy am Ohr geblitzt worden. Dabei wurde niemand gefährdet oder etwas beschädigt. Der Handyverstoß wird also mit 100 Euro Bußgeld und einem Punkt in Flensburg bestraft.
Und dabei bleibt es dann auch, denn für den Tempoverstoß wäre nur ein Bußgeld von 70 € angefallen. Das Bußgeld wird aber nicht addiert, da die beiden Verstöße eine Tateinheit bilden.
Geblitzt mit 41 km/h zu schnell und Handy am Ohr
Ein Verkehrssünder wird mit einer Überschreitung von 41 km/h außerorts mit dem Smartphone am Ohr geblitzt. In diesem Fall wird nur die Strafe für den Geschwindigkeitsverstoß fällig, da diese deutlich über dem Strafmaß vom Handyverstoß liegt.
Diese ist mit 320 € Bußgeld, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot allerdings nicht zu unterschätzen.
Von der Polizei mit Handy im Auto beobachtet?
Immer häufiger werden Handyverstöße auch von der Polizei direkt kontrolliert. Wenn die Beamten einen Autofahrer auf frischer Tat mit dem Handy am Steuer ertappen, wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Als Beweismittel dienen die Zeugenaussagen der Beamten, die in der Bußgeldakte vermerkt werden.
Reicht eine Beobachtung als Beweis aus?
Grundsätzlich reichen die Aussagen der Polizeibeamten als Beweis aus, um einen Bußgeldbescheid ordnungsgemäß auszustellen. Da kein Blitzerfoto als Beweismittel existiert, müssen die Beamten Ihre Beobachtungen allerdings sehr genau und detailliert festhalten.
Vorwurf Handy am Steuer: Einspruch prüfen
Wer mit dem Handy am Ohr während der Fahrt telefoniert oder eine Nachricht tippt, begeht einen Handyverstoß. Doch nicht jede Blickzuwendung und nicht jeder Griff zum Handy oder einem anderen elektronischen Gerät ist auch strafbar.
Rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen
Wer mit dem Handy am Steuer geblitzt oder direkt von der Polizei angehalten wurde, kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides Einspruch einlegen. Doch es macht Sinn, sich bereits vorher rechtliche Hilfe zu suchen.
Betroffene können bereits nach Erhalt eines Anhörungsbogens oder direkt nach einer Polizeikontrolle aktiv werden. Eine kostenlose Ersteinschätzung zu Ihrem Fall können Sie in unserem Blitzer-Check erhalten.
Handy am Steuer: Weitere Informationen
In unseren Blog-Beiträgen finden Sie viele weitere interessante Informationen zum Handyverstoß:
- Urteil: Bußgeldbescheid vom Handyblitzer vorerst gültig
- Vom Handy-Blitzer „Monocam“ gefilmt? Einspruch möglich
- Touchscreen bedienen beim Autofahren: erlaubt oder verboten?
- Geblitzt mit Handy in der Hand und zu schnell gefahren?
- Handy am Steuer: Die zehn teuersten Länder in Europa