Traffistar S350 Messfehler: Einspruch hat gute Erfolgschancen
Vom Messgerät Traffistar S350 von Jenoptik geblitzt worden? Ein Einspruch hat nicht nur wegen fehlender Speicherung der Rohmessdaten gute Aussichten auf Erfolg.
In unserem Beitrag werfen wir einen Blick auf verschiedene Gerichtsurteile und erläutern, warum es Sinn macht einen Einspruch bei einer Blitzermessung von einem Traffistar-Messgerät zu prüfen.
Urteil Saarland: Traffistar S350-Messungen nicht verwendbar
Immer wieder gibt es zum Blitzer TraffiStar S350, auch Traffi-Tower genannt, neue Urteile. Es geht um die Frage, ob die Messergebnisse aufgrund der fehlenden Speichung von Rohmessdaten nachvollziehbar und überhaupt verwertbar sind. Im Saarland darf das Lasermessgerät von Jenoptik zum Beispiel nicht mehr zum Einsatz kommen.
Das Urteil des Verfassungsgerichtshofes im Saarland im Jahr 2019 ist wegweisend auch für viele weitere Gerichte in Deutschland. Die Richter beschäftige vor allem der Grundsatz von einem Verteidigungsrecht im Bußgeldverfahren bei Verkehrsordnungswidrigkeiten.
Verteidigung bei Blitzermessungen: ohne Daten im Nachteil
Gerade wenn es sich um ein standardisiertes Messverfahren handelt, benötigt ein Betroffener offensichtliche Anhaltspunkte für Messfehler. Um diese aber selbst ermitteln zu können, müssen die Rohmessdaten transparent einsehbar sein.
Und das kann sogar über die einzelne Messung der errechneten Geschwindigkeit hinausgehen. Zum Beispiel wäre eine Einsicht auf die Messreihe und die Statistikdaten denkbar. Werden die notwendigen Messdaten, wie beim Traffistar S350 nicht gespeichert, sei das Messergebnis nicht verwertbar und das Bußgeldverfahren müsse eingestellt werden. (VerfGH Saarland, 05.07.2019 – Lv 7/17)
Weitere Urteile: Hinweise auf Messfehler notwendig?
Verhandlungen zum Traffistar S350 beschäftigte noch viele weitere Landesgerichte und Oberlandesgerichte. Während einige Gerichte der Rechtssprechung im Saarland folgen und den Einspruch zum Traffistar S350 stattgeben, verlangen andere Gerichte konkrete Anhaltspunkte für Messfehler.
OLG Karlsruhe sieht keinen allgemeinem Anspruch
So distanzierte sich unter anderem das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe vom Urteil der Richter im Saarland. Das Gericht sieht bei standardisierten Messverfahren keinen generellen Anspruch auf Überprüfung des Messergebnisses im Einzelfall auf der Grundlage zu speichernder Rohmessdaten.
Das Gericht muss erst dann die Zuverlässigkeit und Verwertbarkeit des Messergebnisses prüfen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vorliegen – zumindest in Baden-Württemberg.
Update 27.01.2023: Der Verwaltungsgerichtshof Stuttgart hat in einem spannenden Urteil zu einer Messung mit Poliscan Speed einer Beschwerde statt gegeben, dass Blitzer-Daten von den Bußgeldstellen herausgegeben werden müssen – wenn diese vorhanden sind.
Urteil des Bundesverfassungsgericht zu Daten in der Bußgeldakte
Das Urteil des Bundesverfassungsgericht ließ im Dezember 2020 eine Verfassungsbeschwerde zu. Bei der Beschwerde ging es um den Zugang zu außerhalb der Bußgeldakte befindlichen Informationen. Im konkreten Fall verweigerte die Bußgeldstelle dem Betroffenen Einsicht in die Rohmessdaten.
Die Richter argumentierten, dass ein faires Verfahren nur dann stattfinden kann, wenn Chancengleichheit zwischen beiden Seiten herrscht.
Lohnt sich ein Einspruch bei Traffistar-Blitzern?
Ja, denn bei der Verwendung des TraffiStar S350 Blitzers kann es wie bei anderen Messverfahren zu Messfehlern kommen. Ursachen dafür können beispielsweise eine unsachgemäße Bedienung oder eine fehlerhafte Kalibrierung auf die Fahrspuren sein.
Bekannte Messprobleme beim Traffistar S330
- Traffistar S330: Der Blitzer arbeitet mit Piezo-Sensor-Kabeln, die unterhalb der Fahrbahn verlegt sind. Sind diese hohen Belastungen ausgesetzt (hohe Verkehrsdichte, LKWs, Schwertransporte, können die Kabel verrutschen und es zu Messfehlern kommen
- Korrekte Kalibrierung und Eichung zum Beginn der Geschwindigkeitsmessung: Wurden Kalibrierungsfotos, Kalibrierungstests und der Negativfilm regelkonform angefertigt?
- Anteil der annulierten Messungen einer Messreihe -> Annulierungsrate wird am Ende des Messfilms angezeigt. Messreihe in Bußgeldakte anfordern und prüfen.
- Bei einer Annullierungsrate über 20%, ist die Messreihe eher nicht mehr verwertbar
Mögliche Messfehler beim Traffistar S350
- Messung befindet sich nur teilweise oder außerhalb des Auswerterahmens (Zone, in der eine valide Messung stattfinden darf)
- Mehrere Fahrzeuge sind auf dem Auswerterahmen abgebildet
- Korrekte Kalibrierung auf die jeweiligen Fahrspuren
- Falldaten und Beweisfoto stimmen nicht überein, z.B. bei hoher Verkehrsdichte
- Nachvollziehbarkeit der Messung durch das Messprotokoll
- Regelmäßige Eichung des Messgeräts
Nicht nur die Speicherung der Rohmessdaten ist beim Traffistar S350-Blitzer ein Problem. Die Erfolgschancen eine drohende Strafe zu verhindern, ist aussichtsreich, aber jeder Einspruch hängt vom Einzelfall ab.
Einspruch ohne Risiko?
Bei einem Einspruch in einem Bußgeldverfahren gegen den Traffistar S350 riskieren Sie wenig: Denn grundsätzlich haben Sie die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt eines Bußgeldbescheides Einspruch einzulegen.
Für Rechtsschutz-Versicherte ist es besonders interessant den Einspruch über einen Anwalt für Verkehrsrecht einzulegen, denn die Kosten & Auslagen in einem Bußgeldverfahren werden in der Regel von der Versicherung erstattet.
Traffistar-Messung wegen Rohmessdaten ungültig oder nicht?
Aktuell herrscht in Deutschland noch keine Einigkeit bezüglich der Rechtsprechung, was den Umgang mit der fehlenden Speicherung von Rohmessdaten bei Blitzermessungen angehen. Während einige Gerichte dem Urteil des Saarlandes folgen, gibt es andere Oberlandesgerichte die konkrete Anhaltspunkte für Messfehler verlangen.
Kostenlose Ersteinschätzung einholen
Sie wurden wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder einem Rotlichtverstoß von einem Traffist S330 oder S350 geblitzt? Dann drohen Ihnen Bußgelder, Punkte oder sogar ein Fahrverbot gemäß Bußgeldkatalog.
In desem Fall ist Bereits nach Erhalt des ersten Behördenschreibens empfehlenswert eine kostenlose Ersteinschätzung von einem Anwalt für Verkehrsrecht einzuholen und einen Einspruch gegen die Traffistar-Messung prüfen zu lassen.