60 km/h zu schnell? Österreich will Rasern Auto wegnehmen
Eine besonders drastische Maßnahme plant unser Nachbarland Österreich. Wer innerorts über 60 km/h zu schnell ist, dem droht nicht nur der Führerscheinentzug. Das Auto soll beschlagnahmt werden.
Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler will härter gegen Raser vorgehen. Eine Gesetzes-Novelle ist in Vorbereitung, die es dem Staat ermöglicht, Rasern nicht nur den Führerschein wegzunehmen, sondern auch Ihr Fahrzeug. Das Auto soll von der Polizei sogar direkt nach der Tat vor Ort beschlagnahmt werden können.
Ein dreistufiges Modell ist geplant
Laut dem Verkehrsministerium soll die Umsetzung in Zukunft wie folgt aussehen: wer innerorts mehr als 60 km/h und außerorts mehr als 70 km/h zu schnell fährt, soll seinen Wagen abgeben. Vorerst nur für zwei Wochen.
Als zweiter Schritt soll die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde innerhalb dieser Zeit überprüfen, ob der oder die Beschuldigte schon einmal wegen Raserei auffällig geworden ist. Als letzte Kosequenz des Verfallsverfahrens droht die Versteigerung des Fahrzeugs.
Das sagt die Ministerin
„Extreme Raserei ist lebensgefährlich für alle anderen Menschen auf der Straße“, erklärt Leonore Gewessler. „Es gibt einige wenige auf unseren Straßen, die einfach nicht hören wollen, bei denen die Strafen nicht wirken, bei denen die Nachschulungen nicht wirken“, sagte die Ministerin mit Nachdruck. Diesen Menschen müsse man die „Tatwaffe aus der Hand nehmen“.
Wagen kann versteigert werden
Bei Wiederholungstätern, also Personen die bereits mehrmals wegen einer hohen Geschwindigkeitsüberschreitung geblitzt wurden, soll das Fahrzeug nicht mehr zum Besitzer zurückkehren. Und das nicht nur temporär: das Auto soll versteigert werden. Als Beispiel nennt die Ministerin Raser, die mehrfach mit 110 km/h durch ein Ortsgebiet gefahren sind.
Der Erlös der Auktion soll zum größten Teil einem guten Zweck dienen. 70 Prozent der Versteigerungssumme sollen in einen Verkehrssicherheitsfond fließen, die restlichen 30 Prozent gehen an Gebietskörperschaften wie etwa Kommunen.
Keine Schonfrist bei über 80 km/h zu schnell
Aber nicht nur Wiederholungstäter droht der sofortige Verlust Ihres Autos. Auch Raser und RaserInnen, die innerhalb einer geschlossener Ortschaft über 80 km/h zu schnell sind oder außerhalb die erlaubte Geschwindigkeit um 90 km/h überschreiten, soll die sofortige Versteigerung drohen.
Keine Versteigerung bei Leasing-Fahrzeugen
Eine Versteigerung des Wagens droht aber nicht in jedem Fall. Schließlich muss das Fahrzeug sich auch im Eigentum des Rasers befinden. Ein Leasing-Fahrzeug, ein Mietwagen oder das Auto der Eltern kann nicht versteigert werden. „In das Eigentumsrecht Dritter ließe sich nicht eingreifen“, führt der ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger aus.
StVO-Novelle wird begutachtet
Die Novellen der Straßenverkehrsordnung (StVO) und des Führerscheingesetzes sehen noch weitere Verschärfungen vor. Allgemein sollen die Strafen für Geschwindigkeitsvergehen angehoben und die Dauer des Führerscheinentzugs verlängert werden. Die Vorschläge werden die nächsten sechs Wochen begutachtet und sollen dann zügig in Kraft treten.
450 Fälle pro Jahr
Das Verkehrsministerium geht von etwa 450 Fällen pro Jahr aus, die wegen Raserei das volle Maßnahmenpaket inklusive Versteigerung treffen könnte. Gerade in den letzten Monaten habe es vermehrt Vorfälle gegeben.
Zum Beispiel sei ein Mann in Niederösterreich auf einer Straße mit Tempolimit 100 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 221 km/h unterwegs gewesen. In Wien fuhr eine Person in einer Tempo 30 Zone sogar 104 km/h. Dieser extremen Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern soll möglichst schnell ein Riegel vorgeschoben werden.
Kritik an der StVO-Novelle in Österreich
Während das Vorhaben von verschiedenen Verbänden begrüßt wird, gibt es aber auch Kritik. Die Bundesorganisation des Auto-, Motor- und Radfahrerbund Österreichs, kurz ARBÖ, mahnt an, dass eine unverhältnismäßige Bestrafung drohe. Wenn der Raser mit einem alten Gebrauchtwagen unterwegs war, ist der Verlust deutlich geringer als mit einem gerade erworbenen Neuwagen. Auch der Umgang mit Leih- und Leasingfahrzeugen sei noch ungeklärt.
Wie wird Rasen in Deutschland bestraft?
Wer in der Bundesrepublik innerhalb einer Ortschaft mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 60 km/h geblitzt wird, wird mindestens mit einem Bußgeld von 700 €, zwei Punkten in Flensburg und einem Fahrverbot von 3 Monaten bestraft. Die Höhe der Strafe richtet sich nach dem aktuellen Bußgeldkatalog. Die Strafe kann aber auch höher ausfallen, wenn die Tat als Vorsatz eingestuft wird.
Doppeltes Bußgeld bei Vorsatz
Das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte, das ein doppeltes Bußgeld von den Behörden verhängt werden kann, auch wenn der Fahrer angibt vom Tempolimit keine Kenntnis gehabt zu haben. In dem konkreten Fall war der Beschuldigte auf einer Bundesautobahn mit Tempo 123 nach Abzug der Toleranz unterwegs – bei einem Tempolimit von 60 km/h. (Beschluss vom 03.02.2021 – 2 Ss-OWi 1228/20)
Illegale Autorennen
Eine noch härtere Strafe droht, wenn nach § 315d Strafgesetzbuch ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen vorliegt. Dafür müssen sich nicht zwangsläufig mehrere Person verabreden sondern es reicht es zählt auch wer „sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“.
Ein illegales Autorennen kann in Deutschland mit einer Freiheitsstrafe von bis zwei Jahren und einer Geldstrafe geahndet werden.
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