Brief vom Anwalt: Angeblich getankt ohne zu bezahlen?
Brief vom Anwalt: Angeblich getankt ohne zu bezahlen?
Sie haben Post vom Anwalt erhalten mit dem Vorwurf an einer Jet- oder Aral-Tankstelle eine Tankfüllung nicht bezahlt zu haben? Dann sind Sie nicht alleine. Wir erklären, was Sie jetzt tun können.- Beweis über "Tankbetrug" liegt vor
- Tipps für das richtige Vorgehen
- Warum ist keine Anzeige bei der Polizei erfolgt?
- Ein Tankbetrug kostet 135 €? So einfach ist es nicht
- Fazit: Nicht gleich bezahlen
Im Internet mehren sich die Erfahrungsberichte über einen „angeblichen Tankbetrug“. Angeblich deshalb weil die Betroffenen sich nicht erinnern können ihn begangen zu haben. Viele wissen lediglich noch, dass Sie zu einer ähnlichen Zeit an der Tankstelle gehalten haben, aber nicht mehr ob Sie tatsächlich auch getankt haben. Steckt eine Abzocke dahinter oder haben die Verbraucher wirklich nicht bezahlt?
Beweis über „Tankbetrug“ liegt vor
In den Briefen wird behauptet, dass die Aral AG den Anwalt mit der Vertretung Ihrer Interessen anvertraut habe. Außerdem wird präzisiert an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit man an der Tankstelle eine bestimmte Tankfüllung nicht bezahlt habe. Der Tankkonzern bietet nun die einmalige Chance die fehlende Tankzahlung nachzuholen und den Betrag zu überweisen. Eine Anwaltsgebühr inklusive.
Tipps für das richtige Vorgehen
Wenn Sie von dem Brief so überrascht wurden wie viele andere Verbraucher auch, sollten Sie erst einmal in Ruhe durchatmen und dann logisch vorgehen. Denn viele Betroffene sind unsicher ob Sie an der Tankstelle tatsächlich gehalten und getankt haben. Wir empfehlen folgende Schritte:
1. Quittung suchen oder Kontoauszug prüfen
Falls Sie mit EC-Karte oder Kreditkarte an der Tankstelle bezahlt haben, suchen Sie am besten nach dem Kontoauszug. Dann können Sie auch überprüfen, ob Sie wirklich zu der vorgeworfenen Zeit an der Tankstelle waren. Falls Sie einen niedrigeren Betrag auf der Abbuchung finden haben Sie vielleicht nur an der Tankstelle gehalten um Essen oder Getränke zu kaufen. Dann liegt vielleicht ein Irrtum auf Seite der Tankstelle vor – vorausgesetzt der Vorwurf entpuppt sich nicht als Abzocke.
2. Bank oder Zahlungsdienstleister kontaktieren
Wenn Sie unsicher sind ob eine Zahlung fehlgeschlagen ist, kann es sich lohnen Ihren Zahlungsdienstleister zu kontaktieren. Abbrüche von Zahlungen, z.B. über eine fehlgeschlagene Lastschrift, werden protokolliert. Zumindest können Sie sich so Klarheit verschaffen und ggf. nachweisen, dass der Kauf reibungslos funktioniert hat.
3. Spritsorte mit Vorwurf abgleichen
So banal der Vorschlag auch klingen mag, kann es sich lohnen die Spritsorte mit dem Vorwurf zu vergleichen. In einem Erfahrungsbericht berichtet ein Betroffener er hätte Diesel getankt, obwohl sein Auto ein Benziner ist. Außerdem hat er an einer anderen ARAL-Tankstelle gehalten und nur Scheibenschutzwasser nachgefüllt. In diesem Fall ist es relativ klar, dass hier gelinde gesagt ein Irrtum vorliegt.
4. Tankbestellen-Betreiber oder Aral direkt kontaktieren
Um sicher zu gehen, dass keine Abzocke vorliegt können Sie auch bei Aral direkt nachfragen ob das Anwaltsbüro auch wirklich das Mandat hat die Firma zu vertreten. Außerdem können Sie beim Tankstellen-Betreiber oder bei Aral nachfragen, ob Informationen über eine fehlende Zahlung vorliegen.
5. Beweismaterial anfordern
Sie sollten das Anwaltsbüro kontaktieren und darum bitten das Beweismaterial zugesendet zu bekommen oder zumindest es einsehen zu können. Wenn Sie keine Einsicht in die Videoaufzeichnungen bekommen und die Anwaltskanzlei auf die Forderung besteht, können Sie überlegen selbst einen Anwalt einzuschalten, wenn Sie die Zahlung vermeiden wollen.
Warum ist keine Anzeige bei der Polizei erfolgt?
Warum Tankstellen-Betreiber oder Mineralölkonzern nicht Anzeige bei der Polizei erstattet haben, ist schwer zu sagen. Denn das wäre rechtlich gesehen das richtige Vorgehen. Dann würde der Beschuldigte beispielsweise ein Anhörungsschreiben von der Polizei erhalten mit dem Vorwurf einen Tankbetrug nach § 263 Strafgesetzbuch begangen zu haben. Es liegt durchaus nahe, dass wirtschaftliche Interessen dahinter stecken.
Ein Tankbetrug kostet 135 €? So einfach ist es nicht
In einigen Internetforen kursieren 135 € als Höchststrafe für eine nicht bezahlte Tankrechnung. Auch wenn viele Mineralölkonzerne private Firmen mit dem Eintreiben von nicht bezahlten Tankfüllungen beauftragt haben, ist ein Angebot für ein nachträgliches Bezahlen mit Gebühren die mildeste Strafe. Vorausgesetzt natürlich es liegt überhaupt ein Tankbetrug vor und er wird Verbrauchern nicht in die Schuhe geschoben.
Denn wer eine Tankrechnung nicht bezahlt, nachdem er getankt hat, begeht keinen einfachen Diebstahl. in den meisten Fällen liegt aus rechtlicher Sicht ein Betrug oder eine Unterschlagung vor. Dabei spielt die Absicht und der Zeitpunkt des Vorsatzes eine große Rolle.
Fazit: Nicht gleich bezahlen
Wenn Sie ein Schreiben von einer Anwaltskanzlei oder einem privaten Inkassounternehmen erhalten mit dem Vorwurf einen Tankbetrug begangen zu haben, bezahlen Sie nicht umgehend. In vielen Fällen sind Betroffene unsicher, zu welchem Zweck Sie an der Tankstelle gehalten und ob Sie wirklich getankt haben. Schließlich liegt der Zeitpunkt der vermeintlichen Tat schon einige Zeit zurück.
Jetzt hilft es Ruhe zu bewahren, den Tag noch einmal in Gedanken durchzugehen, Zahlungsbelege zu suchen und im Zweifel Kontakt zum Tankstellen-Betreiber oder zur Mineralölfirma selbst zu suchen. Auch das Beweismaterial sollte unbedingt angefordert werden.
Natürlich können Sie auch versuchen auf das erste Schreiben nicht zu reagieren und abwarten was passiert. Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass ein zweites Schreiben mit höheren Gebühren und kürzeren Fristen nicht lange auf sich warten lässt. Dann bleibt wohl nur noch das Bezahlen oder der Gang zum Anwalt.
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