Blitzer ohne Kennzeichen? Rentner muss Bußgeld nicht zahlen
Lübeck: Ein Streit um einen Blitzer endet vor Gericht. Ein Rentner ließ sich absichtlich blitzen, um gegen einen Blitzeranhänger rechtlich vorzugehen.
Ein Rentner aus Reinfeld in der Nähe von Lübeck hat sich von einem Blitzeranhänger, auch Enforcement-Trailer genannt, blitzen lassen und anschließend die Zahlung des Verwarnungsgeldes verweigert. Nun plant er, die Stadt Lübeck wegen Betrugs zu verklagen.
Rentner lässt sich absichtlich blitzen
Heinz-Jürgen Lübbe hatte bereits Tage vorher gezielt den Standort des neuen Blitzeranhängers im Padelügger Weg in Lübeck ausfindig gemacht. Obwohl er sich selbst als zurückhaltenden Fahrer beschreibt, der nur selten schneller als erlaubt fährt, hat er sich im vergangenen Jahr absichtlich blitzen lassen.
Der 69-Jährige erklärt den Lübecker Nachrichten: „Ich habe es morgens versucht, aber da war ich nicht schnell genug (…) Abends hat es dann geklappt.“
Blitzer ohne Kennzeichen: Widerspruch bei der Bußgeldstelle Lübeck
Wie erwartet, erhielt Lübbe prompt eine Mitteilung von der Bußgeldstelle Lübeck, in der er aufgefordert wurde, wegen überhöhter Geschwindigkeit 30 Euro zu zahlen. So wird laut Bußgeldkatalog eine Tempoüberschreitung innerhalb einer Ortschaft bis 10 km/h bestraft.
Daraufhin legte er Widerspruch ein und begründete dies damit, dass der Blitzer-Anhänger kein ordnungsgemäßes Kennzeichen besitzt. „Es handelt sich um ein Pseudo-Nummernschild, das weder eine TÜV-Plakette noch eine Zulassungsplakette aufweist. Das ist nicht zulässig“, so Lübbe.
Laut Straßenverkehrsordnung nicht zulässig
Herr Lübbe argumentiert, dass jedes Fahrzeug, dass in Deutschland steht oder fährt, laut Straßenverkehrs-Ordnung ein Kennzeichen haben muss. Da der Blitzeranhänger ein semistationärer Blitzer ist, der üblicherweise neben direkt neben einer Straße abgestellt wird, müsste dieser auch mit einem Kennzeichen versehen sein.
Bußgeldstelle Lübeck lehnt Widerspruch ab
Es folgte ein Schriftwechsel zwischen Lübbe und der Bußgeldstelle in Lübeck, bei dem Lübbe sehr direkt wurde. Er akzeptierte die Erklärungen der Hansestad nicht, dass das Kennzeichen wegen Vandalismus-Gefahr im Inneren des Anhängers gelagert wird und nur beim Transport des Blitzers montiert wird.
Weiterer Blitzeranhänger hat ein Kennzeichen
Lübbe bezeichnete dies als „vorgeschobene Begründung“ und warf der Bußgeldstelle vor, den mündigen Bürger für völlig verblödet und dumm zu halten. „Ein anderer Messwagen in Lübeck hat ein ordnungsgemäßes Kennzeichen – also geht es doch. Wie kann das sein?“, fragte Lübbe.
Bußgeldverfahren wird eröffnet
Da Herr Lübbe das Verwarnungsgeld nicht akzeptierte wurde ein Bußgeldverfahren gegen ihn eröffnet. Das Verwarnungsgeld in Höhe von 30 Euro erhöht sich somit aufgrund der Verwaltungsgebühren auf 58,50 Euro.
Lübbe betrachtete dies als „Erpressungsversuch“ und weigerte sich, zu bezahlen. Er schrieb weitere Briefe, in denen er ankündigte, nicht zu zahlen. Lübbe hat sich auf den Streit mit der Bußgeldstelle eingeschossen und ist überzeugt, dass er im Recht ist.
Staatsanwalt stellt Verfahren ein
Doch die Bußgeldstelle hat den Bescheid nicht zurückgenommen und den Fall im Oktober vergangenen Jahres an die Staatsanwaltschaft übergeben. Für Lübbe ein Versuch, ihn ruhig zu stellen, der nicht besonders erfolgreich war.
Denn im Januar bekommt Lübbe wieder Post, diesmal vom Amtsgericht Lübeck. „Die haben das Verfahren eingestellt, ich muss nichts zahlen“, sagt Lübbe. „Ein klarer Erfolg – und eine schallende Ohrfeige für die Bußgeldstelle. Aber es ist auch völlig unverständlich. Da stimmt doch etwas nicht“, so der Rentner.
Vergehen nur geringfügig
Gemäß Aussagen von Felix Spangenberg, dem Sprecher des Amtsgerichts, wurde das Verfahren aufgrund der „Geringfügigkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung“ eingestellt – zum Missfallen der Hansestadt.
Hansestadt findet die Entscheidung unglücklich
„Es ist natürlich bedauerlich, dass das Gericht eine solche Entscheidung trifft, wenn jemand absichtlich gegen die StVO verstößt und damit unbeteiligte Personen gefährdet“, sagte Nina Rehberg, stellvertretende Sprecherin der Hansestadt.
Das Verfahren wurde vom Gericht im Rahmen des Ermessens eingestellt. Dies ist entgegen der Annahme des Betroffenen kein „Freispruch“ und auch kein Beleg dafür, dass die angewendeten Messverfahren rechtlich fehlerhaft waren.“
Rentner will „Freispruch“ für alle Geblitzten
Heinz-Jürgen Lübbe glaubt, dass die Hansestadt Lübeck versucht, etwas zu vertuschen und will sie deshalb wegen Betrugs verklagen. Sein Ziel ist, dass alle Autofahrer, die vom Enforcement-Trailer geblitzt wurden, ihr Geld zurückerhalten.
Lübbe glaubt, dass die Behörde alle Regeln ignoriert, um Geld zu verdienen. Er hat bereits einen Brief an die Staatsanwaltschaft geschrieben und wartet nun auf eine Antwort.
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