Urteil: Führerscheinentzug nach 159 Parkverstößen in einem Jahr
Das Verwaltungsgericht Berlin hat enschieden, dass einem Autofahrer der über 150 Parkvergehen im Jahr begeht die Fahrerlaubnis entzogen werden kann.
Ein ungewöhnlicher Fall aus dem Verkehrsrecht beschäftigte die Richter des Verwaltungsgerichts Berlins. Im erst kürzlich bekannt gewordenen Urteil vom 28.10.2022 mit dem Aktenzeichen VG 4 K 456/21 wies das Gericht die Klage eines Autofahrers zurück.
Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Behörden einem Beschuldigten die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn über 150 Parkvergehen pro Jahr vorliegen. Dann sei nicht mehr von einem Bagatelldelikt auszugehen und die grundsätzliche Eignung ein Kraftfahrzeug sicher zu führen, kann in Frage gestellt werden. Die Einzelheiten des Falls im Überblick.
178 Verkehrsverstöße in einem Jahr
Die zuständige Behörde in Berlin hat bei einem Autofahrer den Entzug der Fahrerlaubnis angeordnet. Nach Informationen des Gerichts teilte die Polizei Berlin dem Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten im Juli 2021 mit, dass gegen einen Mann über 174 Verfahren wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit geführt wurden. Unter den Vergehen waren 15 Geschwindigkeitsüberschreitungen und 159 Ordnungswidrigkeiten wegen Falschparkens.
Amt ordnet Führerscheinentzug an
Die zuständige Behörde hörte den Mann aufgrund seine verschiedenen Vergehen an. Nach der Anhörung entschieden die Beamten den Entzug der Fahrerlaubnis anzuordnen.
Das Amt forderte den Beschuldigten auf seinen Führerschein innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bußgeldbescheides abzugeben. Falls er der Führerschein-Abgabe nicht nachkäme, würde ein Zwangsgeld in Höhe von 511 Euro angeordnet. Außerdem müssen Verwaltungsgebühren in Höhe von 152,18 Euro gezahlt werden.
Mit der Entscheiden war der Beschuldigte nicht einverstanden und ging gegen den Führerscheinentzug schrittweise vor.
Beschuldigte legt Widerspruch ein
Der Mann gab am 1. September 2021 seinen Führerschein bei der Polizei Berlin ab und legte zwei Wochen später durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch sein.
Der Verkehrssünder brachte einige Argumente vor, die ihn zumindest etwas entlasten sollten. So wurden die Verstöße zwar mit drei auf ihn zugelassenen Fahrzeuge begangen, aber nicht immer sei er der Fahrer gewesen. Außerdem brauche er seinen Führerschein, um seinen Beruf ausüben zu können.
Widerspruch wird zurückgewiesen
Doch auch den Widerspruch lehnte das Amt durch einen Widerspruchsbescheid ab. In der Begründung führte die Behörde aus, dass der Mann „charakterliche Eignungsmängel“ zeige, indem er als Fahrzeughalter die verschiedenen Verkehrsordnungswidrigkeiten mit seinen Fahrzeugen geduldet habe.
Außerdem hat der Betroffene die 14-tägige Einspruchsfrist nach Zustellung des Bußgeldbescheides nicht genutzt. Damit ist der Bescheid rechtskräftig.
Verwaltungsgericht Berlin: „Mangelnde Eignung“
Der Verkehrssünder gab sich mit dem Ergebnis nicht zufrieden und entschied sich nun für den Klageweg mit dem Ziel den Widerspruchbescheids aufzuheben.
Härtefallantrag aus beruflichen Gründen
Vor Gericht wiederholte der Kläger die Argumentation, dass er beruflich auf den Führerschein angewiesen ist. Im Fachjargon sprechen die Verkehrsanwälte hier von einem sogenannten Härtefallantrag. Dieser kann bei einem drohenden Fahrverbot gestellt werden, beispielsweise wenn die berufliche Existenz auf dem Spiel steht.
Klage wird abgewiesen
Das Gericht ließ sich von den Argumenten des Klägers nicht überzeugen und wies die Klage ab. Die Richter bestätigten, dass die Behörde dem Mann eine mangelnde Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen zu Recht bescheinigt hätte.
Normalerweise spielen gewöhnliche Strafzettel bei der Beurteilung der Fahreignung eines Betroffenen keine Rolle. In diesem Fall ist aber davon auszugehen, dass der Beschuldigte „offensichtlich nicht willens“ sei, Vorschriften im Straßenverkehr einzuhalten.
Zu hohe Anzahl an Verstößen ohne Verhaltensänderung
Im Urteil des Verwaltungsgerichts floss dabei die große Anzahl an Verstößen mit ein sowie die Schwere der Parkvergehen. Bei diesen handelte es sich hauptsächlich um das Parken im absoluten Halteverbot.
Die Richter gingen außerdem auf die Argumentation des Mannes ein, dass die Verstöße auch andere Fahrer wie Familienangehörige begangen hätten. Da er als Halter zahlreiche Bußgeldbescheide bekommen und nichts dagegen unternommen hat, zeige das „charakterliche Mängel“. Denn insbesondere da er auf den Führerschein ja beruflich angewiesen sei, hätte er sich darum intensiv bemühen müssen.
Gegen das Urteil kann noch ein Berufungsantrag vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht werden.