Aktualisiert am 13.01.2023 von

Das Tempolimit der Kirche: Mit 80 über die Landstraße?

Die evangelische Kirche hat Mitarbeitern bei Dienstfahrten ein Tempolimit verordnet. Sind 100 km/h auf der Autobahn und 80 auf der Landstraße ok?

Die evangelische Kirche hat bei ihrer letzten Tagung ein Tempolimit beschlossen, das auf kirchlichen Dienstfahrten eingehalten werden soll. Damit soll die Umwelt geschont und die öffentliche Debatte um eine deutschlandweite Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit wieder angestoßen werden.

Auf der Autobahn maximal 100 km/h

Auf Kraftfahrtstraßen und Autobahnen dürfen Beschäftigte nur noch maximal 100 km/h fahren, wenn Sie im Auftrag der Kirche unterwegs sind. Aus verkehrsrechtlicher Sicht ist das unproblematisch.

Keine Mindestgeschwindigkeit

Vielen ist bekannt, dass auf deutschen Autobahnen eine Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h angeordnet ist. Das ist nicht ganz falsch, aber rechtlich nicht korrekt. Denn den Begriff „Mindestgeschwindigkeit“ kennt die Straßenverkehrsordnung (StVO) in der Form nicht. Die StVO regelt nur, dass Fahrzeuge, die bauartbedingt über 60 km/h fahren, überhaupt auf der Autobahn fahren dürfen.

Vorsicht beim Überholen

Bei einem Überhol­vorgang kann eine Maximalgeschwindigkeit von 100 km/h unter bestimmten Umständen problematisch sein. Denn §5 StVO schreibt vor, dass die eigene Geschwindigkeit beim Überholen deutlich höher sein muss als das Fahrzeug, das gerade überholt wird.

Bußgeld möglich

Wer zu langsam überholt, dem kann ein Bußgeld drohen. Das kommt aber auf die Länge des Überholvorganges an. So hat das Oberlandesgericht Zweibrücken in einem Fall entschieden, dass ein Überholen mit einer Geschwindigkeitsdifferenz von 10 km/h in Ordnung ist.

In einem anderen Fall lieferten sich zwei LKW ein Elefantenrennen über 2 Kilometer. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte eine Geldbuße von 80 €. Das Gericht argumentierte, dass ein Überholvorgang nicht länger als 45 Sekunden dauern darf. (Beschluss vom 29.10.2008 – 4 Ss OWi 629/08)

Nur 80 km/h auf Landstraßen

Auf Landstraßen sollen Angestellte der Kirche mit maximal 80 km/h unterwegs sein. Das ist immerhin 20 km/h langsamer als die Höchstgeschwindigkeit. Ist das in Ordnung, wenn Autofahrer ausgebremst werden, die gerne schneller fahren würden?

Das sagt die StVO

Auf Landstraßen in Deutschland ist eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h für PKW sowie für andere Kraftfahrzeuge bis 3,5 t vorgeschrieben. Eine Mindest- oder Richtgeschwindigkeit ist nicht vorgegeben. Dürfen Autofahrer nun beliebig langsam fahren? Laut StVO nicht unbedingt:

In §3 (2) heißt es: Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.

Wir möchten etwas Licht in den interpretationsbedürftigen Gesetzestext bringen. Eine Richtschnur bietet ein Urteil des Amtsgerichts Gemünden/Main, auch wenn das schon länger zurück liegt.

Das verurteilte einen Autofahrer wegen einem Verstoß gegen §3 Abs 2. StVO. Der Beschuldigte fuhr über 3 Kilometer bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nur 50 km/h. Das Gericht entschied, dass der Autofahrer den Verkehrsfluss erheblich beeinträchtigt hat. (Beschluss vom 03.02.1997 – OWi 372 Js 59889/96)

Fazit: Tempo 80 ist in Ordnung

Wer aus dienstbedingten oder spritsparenden Gründen mit Tempo 80 auf einer Landstraße unterwegs ist, braucht kein Bußgeld wegen einer Beeinträchtigung des Verkehrsflusses befürchten. Lediglich beim Überholen ist darauf zu achten, dass der Überholvorgang schnell und sicher abgeschlossen wird.


Quellen
[3]
Bundesministerium der Justiz, 01.2013, Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) § 3 Geschwindigkeit
[4]

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