Vom Handy-Blitzer „Monocam“ gefilmt? Einspruch möglich
In mehreren Testpahsen wird der Handy-Blitzer mit der "Monocam"-Technologie erprobt. Doch ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ist möglich.
In unserem Beitrag erfahren Sie, wie der Handy-Blitzer „Monocam“ funktioniert und wo die Überwachungstechnologie aktuell eingesetzt wird. Außerdem befassen wir uns mit der aktuellen Rechtslage, denn bisher ausgestellte Bußgeldbescheide könnten unwirksam sein.
News vom 02.03.2023: Das Amtsgericht Trier hat in drei Fällen einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid auf Basis der Monocam-Technologie zurückgewiesen. Auch ohne Rechtsgrundlage dürften die Informationen des Handy-Blitzers verwertet werden. Eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Koblenz wurde bereits angekündigt.
Überwachungssystem „Monocam“ wird getestet
Die Unfallstatistiken der letzten Jahre haben die Behörden alarmiert. Über 1.000 Verkehrsunfälle ereignen sich jährlich nur weil Autofahrer abgelenkt sind. Und es ist keine Besserung in Sicht.
Bei einer Beobachtungsstudie der Technischen Universität Braunschweig bedienten über 10% der Autofahrer das Smartphone während der Fahrt. Und das sogar auf der Autobahn. Anlass genug für die Behörden jetzt auf moderne Handyüberwachung zu setzen.
Aktuell wird der erste Handy-Blitzer mit der „Monocam“-Technologie in Deutschland ausprobiert. Die niederländische Polizei hat das Überwachungssystem in Kooperation mit der Universität Utrecht entwickelt. Jetzt soll die Monocam auch deutsche Handysünder während der Fahrt auf die Schliche kommen.
Wie funktioniert der Handy-Blitzer?
Das Überwachungssystem „Monocam“ besteht aus einer Kamera und einem Laptop mit spezieller Video-Software zur Erkennung von Handyverstößen. Während die Kamera den fließenden Verkehr beobachtet, scannt die Software ob Autofahrer ein Gerät in der Hand halten und dabei eine bestimmte Haltung einnehmen.
Geschulte Polizisten werten in einem Überwachungswagen das Videomaterial aus und entscheiden, ob ein Handyverstoß vorliegt. Die Beamten prüfen dabei, ob der Autofahrer tatsächlich ein Smartphone, ein Handy oder etwas anderes in der Hand gehalten hat.
Anschließend wird genau protokolliert was der Fahrer mit dem Handy gemacht. Denn entscheidend für einen Handyverstoß ist vor allem, ob das Gerät auch bedient wurde. Aber auch eine längere Blickzuwendung auf den Bildschirm kann bereits strafbar sein, z.B. wenn ein Video abgespielt wird.
Wann ein Handyverstoß genau vorliegt, erfahren Sie im aktuellen Bußgeldkatalog in der Rubrik Handy am Steuer.
Erster Test in Mainz entlarft Verkehrssünder
Der Handy-Blitzer wurde in Mainz am 19. Mai 2022 zum ersten Mal für einige Stunden getestet. Und mit einer Handykontrolle hatten scheinbar die wenigsten Autofahrer gerechnet. Trotz eines Hinweisschildes, welches die Handyüberwachung im nächsten Streckenabschnitt ankündigte, wurden 20 Fahrer pro Stunde mit dem Handy am Steuer erwischt.
Testphase der Monocam in Rheinland-Pfalz
Die Polizei in Rheinland-Pfalz hat sich von den niederländischen Kollegen ein Handy-Blitzer-System für zwei Testphasen mit einer geplanten Dauer von jeweils drei Monaten ausgeliehen. Die Beamten beabsichtigen das Überwachungssystem vor allem auf der Autobahn in der Nähe von Trier einsetzen.
Vergabe von Bußgeldern und Punkten zweitrangig
Beim Einsatz des Handy-Blitzers geht es der Polizei in erster Linie nicht darum Bußgelder und Punkte zu verteilen. Vielmehr soll die Verkehrssicherheit auf der Autobahn erhöht werden. Denn bei hoher Geschwindigkeit drohen bei gleichzeitigem Griff zum Handy vermehrt schwere Unfälle.
Allerdings liegen uns Informationen vor, dass auch in der Testphase bereits Bußgeldbescheide versendet wurden. Diese können allerdings unwirksam sein.
Erste Ergebnisse
Aufgrund einer sogenannten „Kleinen Anfrage“ des Abgeordneten Dr. Joachim Streit von den Freien Wählern mit dem Titel „Testversuche System Monocam auf rheinland-pfälzischen Straßen„, veröffentlichte das Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz im Sommer 2022 weitere Informationen über den aktuellen Einsatz des Handy-Blitzers.
Mit Stand vom 31. August 2022 wurden insgesamt 327 Ablenkungsverstöße festgestellt und die gleiche Anzahl an Bußgeldverfahren eingeleitet.
Ist ein Bußgeldbescheid aufgrund der Monocam anfechtbar?
Tatsächlich können Beschuldigte, die aktuell einen Bußgeldbescheid mit dem Beweismittel Monocam erhalten, Glück im Unglück haben und von einer unsicheren Rechtslage profitieren.
Bereits vor dem Einsatz des Handyblitzers warnte der Landesdatenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz Dieter Kugelmann davor, wie Videoaufnahmen durch das Monocam-Überwachungssystem zu rechtfertigen sind.
Videoaufnahmen von allen Autofahrern
Damit die Software mittels künstlicher Intelligenz Autofahrer mit einem Handy am Steuer identifizieren kann, muss die Monocam per Videoüberwachung erst einmal alle Verkehrsteilnehmer aufzeichnen.
Zwar werden nur die Daten von den Verkehrssündern weiter verarbeitet, bei denen ein Verdacht vorliegt. Allein für die Aufnahmen selbst bräuchte es aber einen Rechtfertigungsgrund, argumentiert Kugelmann.
Gesetzliche Grundlage nach Testphase
Das Innenministerium in Rheinland-Pfalz verweist darauf, dass nach der Pilotphase eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll. Während der Testphase kann folglich ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid erfolgreich sein.
Ob die Bußgeldbescheide rechtskräftig sind, wird wieder einmal die Gerichte beschäftigen. Bereits in den letzten Jahren wurden zahlreiche Urteile zum Handyverstoß gefällt.
Amtsgericht Trier: Monocam-Bußgeldbescheide vorerst gültig
Das Amtsgericht Trier hat Vorerst bleiben die ersten Bußgeldbescheide in Deutschland, die durch den Einsatz eines neuen „Handy-Blitzers“ ausgestellt wurden, gültig. Amtsrichter David Geisen-Krischel argumentiert, dass es noch keine juristische Rechtsnorm für das Gerät gibt.
Allerdings können trotz eines Beweis-Erhebungsverbots die Daten aus dem Handyblitzer verwendet werden. Drei Einsprüche von Autofahrern gegen Bußgeldbescheide wegen der Nutzung eines Mobiltelefons am Steuer zurückgewiesen.
Nach dem Urteil kündigte der Verkehrsrechtler Jürgen Verheul, der zwei der betroffenen Autofahrer vertrat, an, beim Oberlandesgericht Koblenz Beschwerde einzulegen. Er bezeichnete das Urteil als nicht konsequent, da es sich um eine Ermessensfrage handele. Die Entscheidung, wie es um die Verwertbarkeit der Monocam-Daten steht, ist zunächst einmal vertagt.
Werden Handy-Blitzer bald bundesweit eingesetzt?
Bisher war die Polizei darauf angewiesen Handy am Steuer durch Verkehrskontrollen und Geschwindigkeitsmessungen nachzuweisen. Ein baldiger bundesweiter Einsatz scheint sehr wahrscheinlich, wenn man auf die Erfolge in anderen Ländern blickt.
In Australien registrierten zwei „Mobile Phone Detection Cameras“ innerhalb einen halben Jahres über 100.000 Handyverstöße. Mittlerweile sind über 45 Anlagen in Betrieb. In den Niederlanden sind es bereits 20. Voraussetzung ist allerdings, dass eine saubere Rechtsgrundlage geschaffen wird und die erlassenen Bußgeldbescheide nicht auf wackeligen Beinen stehen.