Ampelblitzer: Diese fünf Messfehler können auftreten
Ein Blitzer an einer roten Ampel muss genau messen, wann ein Rotlichtverstoß vorliegt. Wir haben uns die häufigsten Messfehler angesehen.
Allein im Jahr 2023 gab es über 321.000 Rotlichtverstöße in Deutschland. Doch basierten die Bußgeldbescheid auch auf korrekten Messergebnissen? In diesem Beitrag gehen wir zunächst auf die Funktionsweise von Rotlichtblitzern ein und widmen uns danach fünf typischen Messproblemen.
Wie funktionieren Rotlichtblitzer?
Moderne Rotlichtblitzer, wie Blitzersäulen von Poliscan Speed sind oft kombinierte Geschwindigkeits- und Ampelblitzer. Sie können sowohl Geschwindigkeitsüberschreitungen erfassen als auch feststellen, ob Autofahrer über rot gefahren sind.
Dabei basieren die Rotlichtblitzer auf unterschiedlichen Technologien. Während die Blitzersäule von Poliscan Speed mittels Lasermessung den Rotlichtverstoß ermittelt, sind Blitzer anderer Hersteller, wie der Gatso GTC oder Traffistar S330 über Induktionsschleifen mit der Lichtzeichenanlage fest verbunden.
Eine Übersicht über die aktuellen Technologien für Ampelblitzer finden Sie in unserem Beitrag über die aktuellen Messverfahren in Deutschland. In unserem Artikel gehen wir zunächst näher auf eine noch häufig verwendete Methode, die Induktionsschleifenmessung, ein.
Indukationsschleifenmessung
Und das funktioniert folgendermaßen: Eine Induktionsschleife befindet sich unterhalb der Haltelinie, während die zweite den Schutzbereich der Kreuzung überwacht. In der Regel läuft die Messung in einer bestimmten Reihenfolge ab:
- schaltet die Ampel auf rot, wird der Blitzer aktiviert
- wird die Haltelinie bei rot überfahren, wird der erste Blitz ausgelöst
- nach einer bestimmten Zeit wird ein zweiter Blitz ausgelöst und gemessen ob Sie in den Schutzbereich der Kreuzung eingefahren sind
- die Dokumentation erfolgt anhand von Blitzerfotos
- die Strafe richtet sich nach der gemessenen Rotzeit
Rotlichtverstoß: Aktuelle Strafen
Der Anspruch an einen Ampelblitzer ist, dass dieser einen Rotlichtverstoß korrekt feststellen, aber auch die Dauer der Rotzeit für die Strafe korrekt ermitteln kann. Dafür muss die Rotzeit der Ampel auf eine Zehntelsekunde genau ermittelt werden.
Vergehen | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot |
---|---|---|---|
Einfacher Rotlichtverstoß (Rotzeit < 1 Sekunde) | 90 € | 1 | – |
… mit Gefährdung | 200 € | 2 | 1 Monat |
… mit Unfall | 240 € | 2 | 1 Monat |
Qualifizierter Rotlichtverstoß (Rotzeit > 1 Sekunde) | 200 € | 2 | 1 Monat |
… mit Gefährdung | 320 € | 2 | 1 Monat |
… mit Unfall | 360 € | 2 | 1 Monat |
Rotlichtverstoß Fahrrad/E-Scooter (Rotzeit < 1 Sekunde) | 60 € | – | – |
Rotlichtverstoß Fahrrad/E-Scooter (Rotzeit > 1 Sekunde) | 100 € | – | – |
1. Schutzbereich der Kreuzung nicht befahren
Wenn Sie die Haltelinie bei rot zwar überquert, aber nicht in den Schutzbereich der Kreuzung eingefahren sind, liegt nur ein Haltelinienverstoß vor. Dieser wird nur mit einem Bußgeld von 10 Euro bestraft. Ein ein erheblicher Unterschied zu einem einfachen Rotlichtverstoß mit 90 Euro Bußgeld und einem Punkt.
Daher wird bei modernen Ampelblitzern ein zweites Blitzerfoto angefertigt, welches das Einfahren in den Schutzbereich der Kreuzung dokumentiert. Auch wenn alte Anlagen durch neue Rotlichtblitzer ersetzt werden, sind wohl noch einige aktiv, die nur ein Blitzerfoto anfertigen. Durch ein Lichtbild kann nur das Überfahren der Haltelinie nachgewiesen werden.
So könnte der Beschuldigte noch vor dem Gefahrenbereich der Kreuzung gehalten haben. Ein Rotlichtverstoß wäre dann schwer zu beweisen und leicht anfechtbar.
Auch Poliscan Speed Messungen nicht fehlerfrei?
Aber auch bei der Einrichtung von modernen Blitzersäulen, wie dem Poliscan Speed der Firma Vitronic, können Ungenauigkeiten bei der Messung auftreten.
Insbesondere bei Kreuzungen mit mehreren Fahrspuren kann der Abstand zwischen der Haltelinie und dem Gefahrenbereich der Kreuzung größer sein, was zu Ungenauigkeiten führen kann.
2. Blitzer nicht ordnungsgemäß geeicht
Wird ein neuer Blitzer installiert, muss dieser erstmal ordnungsgemäß installiert und geeicht werden. Bei der Eichung wird der Blitzer genau auf die Fahrbahn eingestellt.
Dazu wird beispielsweise der Abstand der Induktionsschleifen bestimmt oder die Laserstrahlen genau auf den auswertbaren Messbereich kalibriert. Dafür wird in der Regel eine gewisse Anzahl an Probedurchläufen benötigt.
Die Eichung muss auch in bestimmten Abständen wiederholt werden. Das kann auch anlassbezogen sein, zum Beispiel wenn ein Software-Update aufgespielt wird.
Werden die Vorschriften zur Eichung nicht ordnungsgemäß eingehalten, können Betroffene gegen die Messung vorgehen. Falls ein technischer Fehler, wie ein ungenügender Abstand zwischen den Induktionsschleifen, angezweifelt wird, wird in der Regel ein Gutachter eingeschaltet. Das hängt aber ganz vom Einzelfall ab.
3. Gelbphase der Ampel zu kurz eingestellt
In der allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) wird die Länge einer Gelbphase je nach Höchstgeschwindigkeit genau geregelt.
Zulässige Höchstgeschwindigkeit | Länge der Gelbphase |
---|---|
bei 50 km/h | 3 Sekunden |
bei 60 km/h | 4 Sekunden |
bei 70 km/h | 5 Sekunden |
über 70 km/h | Keine Einrichtung von Lichtzeichenanlagen |
Bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h muss die Gelbphase mindestens eine Länge von 3 Sekunden haben. Bei 60 km/h sind es schon 4 Sekunden und bei 70 km/h 5 Sekunden. Steht die Ampel nicht so lange auf gelb wie vorgeschrieben, besteht eine gute Chance auf einen erfolgreichen Einspruch.
4. Vorgeworfene Rotzeit stimmt nicht
Ein weiterer Angriffspunkt im Bußgeldbescheid ist die angegebene Überschreitung der Rotlichtphase. Die vorgeworfene Rotlichtzeit gibt genau die Dauer in Sekunden an, die Sie über die rote Ampel gefahren sind. Davon hängt beispielsweise ab, ob ein einfacher oder ein qualifizierter Rotlichtverstoß vorliegt.
Während bei einer überschritten Rotzeit von 0,8 oder 0,9 Sekunden nur ein Bußgeld von 90 € und ein Punkt in Flensburg anfallen, erhöht sich die Strafe auf ein Bußgeld von 200 €, wenn die Rotzeit 1 Sekunde oder mehr beträgt.
Da die Rotzeit auf Basis einer Durchschnittsgeschwindigkeit von den zuständigen Behörden zurück berechnet wird, aber viele Autofahrer nochmal Gas geben, wenn die Ampel auf rot schaltet, kann es hilfreich sein die Rotzeit genau überprüfen zu lassen. In manchen Fällen ist es so gelungen den Verstoß herunterzustufen und ein Fahrverbot erfolgreich zu verhindern.
5. Ungenaues Blitzerfoto
Auch wenn das im Behördenschreiben abgebildete Blitzerfoto unscharf oder ungenau ist, haben Sie eine gute Chance den Vorwurf anzufechten. Es kommt vor, dass der Fahrer aufgrund der Sichtverhältnisse kaum zu erkennen ist. Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Fall entschieden, dass gewisse Charakteristika auf dem Foto zur Fahreridentifikation vorhanden sein müssen.
Bei einem abrupten Bremsvorgang kann es vorkommen, dass ein zweites Auto auf dem Blitzerfoto auftaucht und Sie fälschlicherweise für einen Rotlichtverstoß beschuldigt werden, den Ihr Vordermann begangen hat. Auch in diesem Fall können Sie gegen den Vorwurf vorgehen.
Tipp: Rotlichtblitzer auf Fehler prüfen
Bußgeld, Punkte und ein Fahrverbot hängen beim Rotlichtverstoß davon ab, ob der Beschuldigte tatsächlich in den Schutzbereich der Kreuzung gefahren ist und wie lange die Ampel beim Überfahren schon auf rot stand.
Wenn Ihnen von einer Bußgeldstelle ein Rotlichtverstoß vorgeworfen wird, lohnt es sich auf die Details zu achten. Wie hoch ist die angegebene Rotzeit? Sind Beweismittel wie der Blitzer genau angegeben? Ist das Blitzer unscharf oder war die Gelblichtphase zu kurz?
In unserem Blitzer-Check eine kostenlose Auswertung anfordern und die Messung Ihres Rotlichtblitzers auf Fehler prüfen lassen.