Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass Blitzer ohne Messdaten im Einsatz bleiben dürfen.
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Neuer BVerfG-Beschluss: Laserblitzer ohne Messdaten erlaubt?

Das Bundesverfassungsgericht erlaubt den Einsatz von Laserblitzern, die keine Messdaten speichern. Denn diese liegen auch der Bußgeldstelle nicht vor.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe hat am Freitag eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verwendung moderner Laserblitzer abgewiesen. Ein geblitzter Autofahrer konnte nicht nachweisen, dass seine Rechte auf ein faires Verfahren verletzt wurden.

Die Laserblitzer bleiben im Einsatz. (Beschl v. 20.06.2023, Az. 2 BvR 1167/20 u.a.). Trotzdem sind die Erfolgschancen bei einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht unbedingt gesunken.

Geblitzt worden?
Laut Studie sind 56% der Bescheide fehlerhaft.

Hintergrund der Verfassungsbeschwerde

Ein Autofahrer wurde im Jahr 2019 im Landkreis Göttingen mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 22 Kilometern pro Stunde erfasst. Das Amtsgericht Duderstadt legte eine Geldstrafe von 105 Euro fest (damalige Strafe aus dem Bußgeldkatalog für Geschwindigkeit), gegen die der Fahrer erfolglos Einspruch erhob.

Daraufhin legte der Autofahrer Verfassungsbeschwerde ein. Die Geschwindigkeitsmessung wurde mit einem Lasermessgerät namens Leivtec XV3 durchgeführt. Diese Geräte senden kontinuierlich Laserimpulse aus, die von den Fahrzeugen reflektiert und von den Sensoren des Geräts erfasst werden.

Aus den erfassten Daten werden die Position und Geschwindigkeit des Fahrzeugs berechnet. Die sogenannten Rohmessdaten, die als Grundlage für die Berechnung dienen, werden jedoch nicht dauerhaft gespeichert.

Der Beschwerdeführer argumentiert, dass er ohne diese Daten nicht überprüfen kann, ob ein Messfehler aufgetreten ist. Denn nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssen Bußgeldstellen die Blitzerdaten zur Verfügung stellen. Das Urteil bezog sich aber auf Blitzer, welche die Messdaten auch speichern.

Blitzer ohne Messdaten dürfen eingesetzt werden

Das Bundesverfassungsgericht hat in diesen Fällen entschieden, dass die Schlussfolgerung, wonach Behörden nur Messgeräte einsetzen dürfen, die auch Rohmessdaten erheben, um den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit zu gewährleisten, nicht ausreichend begründet wurde.

Der Beschwerdeführer hat nicht ausreichend konkret dargelegt, dass aus dem verfassungsrechtlich verankerten Recht auf ein faires Verfahren eine staatliche Verpflichtung abgeleitet werden kann, potenzielle Beweismittel zur Wahrung der Verteidigungsrechte bereitzuhalten oder zu schaffen.

In der Praxis bedeutet das Urteil nun folgendes: Die Polizei muss nicht immer zwingend Blitzer mit der Möglichkeit zur Speicherung von Rohmessdaten verwenden. Die Laserblitzer dürfen weiter eingesetzt werden.

Sind die Chancen für einen Einspruch gesunken?

Nicht unbedingt. Anwälte haben die fehlenden Messdaten zwar als Angriffspunkt zur Einspruchsbegründung gegen einen Bußgeldbescheid verwendet. Im Kern der erfolgreichen Einsprüche stehen aber immer noch Anhaltspunkte für Messfehler und Formfehler der Bußgeldstellen.

Manchmal weisen Bußgeldbescheide Formfehler auf, die gemäß § 66 OWiG geprüft werden. Dazu gehören Angaben wie Name, Vorname, Adresse des Betroffenen, Tatort, Zeitpunkt und Bezeichnung der vorgeworfenen Handlung, die zugehörige gesetzliche Bußgeldvorschrift, Beweismittel, Geldbuße und eventuelle Nebenfolgen wie Punkte in Flensburg oder Fahrverbot.

Hier können eine Reihe von Fehlern auftreten:

  • Falsches Kfz-Kennzeichen (Messung betrifft anderes Fahrzeug)
  • Halter war nicht der Fahrer (nur der Fahrer kann bestraft werden)
  • Falsche Angaben zu Zeit und Ort der vorgeworfenen Tat
  • Bußgeldbescheid ohne Foto
  • Unkenntliches oder verschwommenes Blitzerfoto
  • wenn der Vorfall verjährt ist (dies muss man selbst prüfen und melden)
  • wenn das Gerät, womit gemessen wurde, nicht geeicht war
  • der Beamte hat keine ausreichende Schulung für das Messgerät (Nachweis anfordern)
  • Bedienfehler bei mobilen Messungen
  • Unzureichende Kalibrierung der stationären Blitzern auf die Fahrspuren

Nicht alle Abweichungen von § 66 OWiG machen den Bußgeldbescheid automatisch ungültig. Die Auswirkung hängt von der Schwere des Formfehlers ab. Wer einen Bußgeldbescheid erhalten hat, sollte diesen von einem Anwalt für Verkehrsrecht kostenlos und unverbindlich prüfen lassen. Hierzu können Sie unseren Blitzer-Check nutzen.

Bußgeldbescheid erhalten?
Laut Studie sind 56% der Bescheide fehlerhaft.

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