Eine kuriose Bußgeld-Verwechslung beschäftigt bald die deutsche Justiz.
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Rechtsstreit um 7 km/h: Berliner ohne Auto wehrt sich gegen Bußgeld

Skurrile Bußgeld-Verwechslung: Berliner wehrt sich gegen falsche Identität auf dem Blitzerfoto. Ein Blick hinter die Kulissen der digitalen Polizeiermittlung.

Der Berliner Thomas Wiegold sieht sich seit August 2023 mit einem ungewöhnlichen Bußgeldbescheid konfrontiert, der nicht für ihn bestimmt war. Was als einfacher Einspruch begann, entwickelte sich für ihn zu einem langwierigen Kampf um Gerechtigkeit.

Angeblich geblitzt in Schleswig-Holstein

Im Mittelpunkt des skurrilen Falls steht eine angebliche Geschwindigkeitsüberschreitung von sieben Stundenkilometern am 15. Mai 2023 in Kaltenkirchen, einer Kleinstadt in Schleswig-Holstein.

Thomas Wiegold entdeckt jedoch, dass der Bußgeldbescheid irrtümlich gegen ihn gerichtet ist – zu besagtem Zeitpunkt befand er sich nicht einmal in Kaltenkirchen, und darüber hinaus besitzt er kein Auto.

Einspruch bleibt ohne Erfolg

Trotz seines sofortigen Widerspruchs bleibt die Polizei unbeeindruckt. Thomas Wiegold holt sich Unterstützung von Rechtsanwalt Sebastian Scharmer, der gründlich recherchiert, wie es zu dieser Verwechslung kommen konnte.

Die Verwechslung basiert auf dem Umstand, dass der Halter des geblitzten Fahrzeugs in Kaltenkirchen ebenfalls den Namen Julian Wiegold trägt – der Geschäftsführer einer örtlichen Metallbaufirma. Allerdings stellt sich heraus, dass auch dieser Julian Wiegold nicht die Person auf dem Blitzerfoto ist.

Kuriose Verwechslung

Scharmer findet heraus, dass Julian Wiegold ebenfalls gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hat, den die Polizei jedoch ignorierte und weiterhin nach dem vermeintlichen Fahrer suchte. Eine kuriose Internetrecherche einer Polizistin führte schließlich zu Thomas Wiegold aus Berlin, einem Journalisten und Experten für Verteidigungspolitik.

Der Anwalt weist die Polizei darauf hin, dass die Person auf dem Blitzerfoto nicht sein Mandant ist, aber die Polizei gibt nicht nach. Sie behauptet fälschlicherweise, dass beide Wiegolds unter derselben Adresse gemeldet seien, was sich jedoch als falsch herausstellt.

Polizei gibt Fehler nicht zu: Fall landet vor Gericht

Trotz Julian Wiegolds Bestätigung, dass er keinen Thomas Wiegold kennt, weigert sich die Polizei auch nach einem halben Jahr, ihren Fehler zuzugeben. Thomas Wiegold, dem es ums Prinzip geht, weigert sich, die 20 Euro zu zahlen, und die Anwaltskosten steigen inzwischen beträchtlich.

Julian Wiegold aus Kaltenkirchen kritisiert die polizeiliche Ermittlungsarbeit und warnt vor den Risiken solcher Fehler, besonders wenn es um höhere Geldbeträge geht. Der Fall liegt nun vor dem Amtsgericht Bad Segeberg, und eine mögliche Hauptverhandlung könnte die beiden Wiegolds erstmals gegenüberstellen, sollte das Verfahren nicht eingestellt werden.


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